Nicole Gass
Lehrperson Bildungsgang biomedizinische Analytik HF
JA! Ich würde meinen Beruf wieder erlernen wollen: Nicole Gass, langjährige und erfahrene Lehrperson im Bildungsgang biomedizinische Analytik HF
Interview von Juni 2023
Interview
Nicole, bitte stell dich kurz unseren Leser*innen vor.
Mein Start in die Ausbildung zur dipl. medizinischen Laborantin (damals die offizielle Berufsbezeichnung) war sehr spontan. Ich habe mich im Spätsommer 1980 für die Eignungsprüfungen für den Ausbildungsbeginn Frühjahr 1981 beworben und die Prüfungen absolviert. Nach knapp einer Woche bekam ich einen Anruf der Laborschule, ob ich mir vorstellen könnte, bereits im Herbst 1980 in die Ausbildung einzusteigen. Warum nicht? So war ich im ersten und einzigen Herbstkurs, der bis zum offiziellen Start der HF-Bildungsgänge im Herbst 2007 gestartet ist. Ich erinnere mich gerne an diese Zeit, obwohl wir eine recht strenge Schulleiterin hatten. Sie hat mir bereits in der Ausbildung die Freude an der Histologie/Zytologie mitgegeben, welches heute mein Fachbereich am BzG ist. Unsere Schulleiterin war eine leidenschaftliche Histologin und konnte ihr Wissen immer spannend weitergeben. Nach der Ausbildung im Herbst 1983 trat ich meine Stelle im Universitätsspital Basel im Fachbereich Klinische Chemie an, wo ich in unterschiedlichen Funktionen tätig war. Nach meinem Einstieg als BMA wurde ich relativ rasch zur Teamleitung befördert und durfte auch recht bald danach die Stelle als stellvertretende Leitende BMA übernehmen. Bis zur Geburt meiner älteren Tochter habe ich diese Funktion mit Freude ausgeübt.
Warum hast du dich seinerzeit entschieden, als Lehrperson am BzG einzusteigen? Du musstest dich sicher auch speziell hierfür qualifizieren, oder?
Zwei Jahre nach unserer ersten Tochter kam unsere zweite Tochter zur Welt. Ich habe diese Zeit mit meinen kleinen Mädchen sehr genossen und die gemeinsamen Momente intensiv erlebt. Doch irgendwann habe ich den Laborgeruch vermisst. Genau zu diesem Zeitpunkt kam die Anfrage der Laborschule, ob ich Interesse hätte, eine Schwangerschaftsvertretung zu übernehmen. Dies war ein idealer Einstieg in die Lehrtätigkeit für mich: Einen Tag pro Woche an der Laborschule zu arbeiten, konnte ich in unserer Familie gut organisieren.
Ich kam damals in ein junges BMA-Team, deshalb blieb es nicht bei dieser einen Schwangerschaftsvertretung. In der Folge durfte ich noch drei weitere Male einspringen. Da ich Erfahrungen in der Klinischen Chemie und in der Histologie mitbrachte, war ich in beiden Fachbereichen einsetzbar. Meine fundierte Erfahrung aus der Praxis reichte damals, um an der Schule unterrichten zu können. Erst einige Zeit später sind Anforderungen für eine pädagogische Ausbildung der Lehrpersonen formuliert worden. So habe ich das eidgenössische Fachausweis, die Qualifikation zur Erwachsenenbildnerin/Dozentin HF und anschliessend den Master of Advanced Studies (MAS) absolviert.
Was hat dich an dieser Tätigkeit gereizt? Wo lagen/liegen die besonderen Herausforderungen? Wie erlebst du unsere Studierenden?
Bereits während meiner Tätigkeit im USB durfte ich mich die Studierenden betreuen. Ich hatte und habe immer noch sehr viel Freude an jungen Menschen und finde es eine Bereicherung, zu sehen, wie sie sich entwickeln.
Im Laufe der Zeit als Lehrperson habe ich Veränderungen wahrnehmen können. Bei meinem Einstieg als Lehrperson waren die neuen Studierenden hauptsächlich Schulabgänger*innen. Sie waren das Lernen von der Schule gewöhnt und hatten weniger Mühe mit der geballten Ladung an Unterrichtsstoff. Heute bringen die meisten Studierenden bereits eine Vorbildung mit. Die Umstellung von der Arbeit zurück in die Schulbank ist für einige Studierende, gerade am Anfang der Ausbildung, nicht einfach. Es braucht viel Energie und Motivation, sich auf die neuen Fachbereiche und die Bezugswissenschaften einzulassen, was zum Glück den meisten erfolgreich gelingt. Die Anforderungen an die Studierenden sind während der Jahre massiv angestiegen. Neue Technologien und Spezialgebiete erlauben keinen Stillstand, weder bei den Lehrpersonen noch bei den Studierenden. Nach der Diplomierung stehen den Absolvent*innen alle Türen offen: BMAs sind sehr gefragt zu Zeiten des Fachkräftemangels!
Da in unserem Beruf als BMA HF der Patientenkontakt eher klein ist, werden wir leider nicht so wahrgenommen wie unsere Kolleginnen und Kollegen aus der medizinisch-technischen Radiologie und der Pflege. Wir BMAs müssen aus diesem Schatten hervortreten und unseren spannenden Beruf unbedingt mehr in der Öffentlichkeit vertreten. Wer hat für uns geklatscht, als wir während des Corona-Peaks rund um die Uhr Tests gemacht haben?
Würdest du dich heute wieder so entscheiden?
Diese Frage wird mir sehr oft von den Studierenden gestellt. Gerade jetzt, als ich ein Dienstjubiläum feiern durfte. JA! Ich würde meinen Beruf wieder erlernen wollen und genauso möchte ich nach wie vor in der Ausbildung arbeiten. Mein Weg von der medizinischen Laborantin an der Laborschule am Kantonsspital zur biomedizinischen Analytikerin HF im Bildungszentrum Gesundheit war und ist eine spannende Reise. Die Geschichten hinter den jungen Menschen und der lebhafte Unterricht, der auch bei gleichen Themen immer wieder anders ist, schenken mir viele schöne Erinnerungen.
«JA! Ich würde meinen Beruf wieder erlernen wollen.»
Vor ein paar Jahren hat deine Tochter bei uns am BzG ihr Studium zur dipl. Physiotherapeutin FH absolviert. Wie geht es ihr heute?
Während der Ausbildung unserer Tochter habe ich das BzG nochmals von einer anderen Seite kennengelernt, nämlich als Elternteil. Ich habe diese Zeit sehr genossen.
Nach einem Auslandaufenthalt hat sie ihre erste Stelle angenommen und berufsbegleitend eine Masterausbildung absolviert, welche sie mit zwei Auszeichnungen bravourös abgeschlossen hat. Inzwischen ist sie auch Dozentin und hat Freude am Unterrichten.
Im letzten Dezember wurde sie Mama und hat uns zu Grosseltern einer kleinen Enkeltochter gemacht. Aktuell geniesst sie ihre Mutterschaftspause.
Du wirst diesen Sommer pensioniert. Freust du dich? Hast du konkrete Pläne für diese neue Lebensphase?
Meine Pensionierung plane ich bereits seit Langem. Es ist mein Wunsch, mich meinen weiteren Interessen zu widmen, zu einem Zeitpunkt, wo ich mich körperlich und geistig noch fit fühle. Mein Mann ist bereits seit längerer Zeit pensioniert und nun möchten wir gemeinsam unseren Hobbys ohne einschränkenden Stundenplan nachgehen. Spontane Golfrunden, Spaziergänge mit den Hunden unserer jüngeren Tochter, die als Tierärztin arbeitet, und natürlich viel Zeit mit unserer kleinen Enkeltochter verbringen. Dazu möchte ich weiterhin nähen und Italienisch lernen … Ich hoffe, die Zeit reicht aus für alle meine Projekte!
Was wünschst du dem BzG für die Zukunft?
Als Erstes einen wunderbaren Start im frisch renovierten Gebäude in Münchenstein. Es ist schön, dass ich noch kurz vor meiner Pensionierung meinen Unterricht in dieser modernen Umgebung durchführen darf. Es ist sicher für alle Bildungsgänge und Studiengänge eine Bereicherung, von einer Infrastruktur zu profitieren, die auf dem neusten Stand ist. Die unterschiedlichen Institutionen wie die OdA Gesundheit, die Berufsfachschule Gesundheit, die Berner Fachhochschule und das BZG rücken im neuen Campus Bildung Gesundheit noch näher zusammen, was gegen aussen sicher als Stärkung unserer Berufe wahrgenommen wird. Jetzt müssen nur noch die Politiker*innen ihren Teil dazu beitragen und endlich den Stellenwert unserer HF-Ausbildungen anheben und diese mit den entsprechenden aufwertenden Berufsbezeichnungen und Anerkennungen versehen.
Ich danke allen für die schöne und spannende Zeit, die ich während vieler Jahre im BzG verbringen durfte. Ich wünsche meinen Kolleginnen und Kollegen für die weitere Zukunft nur das Beste und hoffentlich ganz lange keinen Umzug mehr!
Herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für dich, liebe Nicole!