Diagnostik der Zukunft – Technische Validation und Methodenetablierung für HSV-Resistenzprüfungen

Diplomarbeit Bildungsgang biomedizinische Analytik HF vom Januar 2025

Moritz Stiebeling
Bildungsgang biomedizinische Analytik HF

Hintergrund

Die biomedizinische Diagnostik steht vor einem technologischen Umbruch. Insbesondere in der Virologie könnten moderne Sequenzierverfahren wie die Nanopore-Sequenzierung (NS) die etablierten Methoden revolutionieren. Neue Technologien erlauben es, Viren präziser und schneller zu analysieren, was für die Diagnose und die Therapie von Virusinfektionen entscheidend ist.

Ein Beispiel hierfür ist das Herpes-simplex-Virus (HSV). Weltweit kommen etwa 75% der Bevölkerung im Alter von 15 bis 50 Jahren mit HSV-1 oder HSV-2 in Kontakt (WHO, 2023). Während Infektionen bei gesunden Menschen meist symptomlos verlaufen, können sie bei immungeschwächten Patienten zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Einer der Gründe dafür ist, dass Viren durch Mutationen Resistenzen gegen die am meist verwendeten antiviralen Medikamente wie beispielsweise Aciclovir oder Ganciclovir entwickeln, was die Behandlung erschwert (Morfin & Thouvenot, 2003).

Abbildung 1. Nanopore GridION Mk1 und eine Flowcell mit Stift zum Grössenvergleich (eigene Aufnahme Stiebeling, 2024)

Ziele und Fragestellungen

Die Untersuchung konzentrierte sich auf drei Kernfragen:

  1. Erfüllt die Nanopore-Sequenzierung die internen Laborstandards? Insbesondere wurden Präzision, Richtigkeit und Nachweisgrenzen analysiert.
  2. Welcher Schwellenwert (Cut-off/Nachweisgrenze) eignet sich für die Detektion von Resistenzmutationen? Getestet wurden verschiedene Werte zwischen 1 und 30%.
  3. Wie schneiden die Sensitivität und die Spezifität der Nanopore-Sequenzierung im Vergleich zu SS und IS ab?

Ein zentraler Vorteil der Nanopore-Technologie ist die Fähigkeit, das gesamte Erbgut eines Virusstrangs in einem Durchgang zu sequenzieren, anstatt es zuerst in Fragmente aufzuteilen, zu analysieren und später digital wieder zusammenzusetzen. Dies spart nicht nur Zeit, sondern liefert bei reduzierter Probenmenge trotzdem detaillierte Ergebnisse.

Ergebnisse der Validierung

Die Untersuchung zeigte, dass die Nanopore-Sequenzierung in den meisten Bereichen hervorragende Ergebnisse liefert. Sie übertraf die aktuell verwendete Sanger-Sequenzierung in Präzision, Sensitivität und Nachweisgrenze. Auch im Vergleich zur bekannteren Illumina-Sequenzierung zeigte sie sich konkurrenzfähig, insbesondere bei kleineren Probenmengen und in kürzerer Bearbeitungszeit. Einzig bei der Spezifität für niedrig frequentierte Subpopulationen (z.B. seltene Mutationen) schnitt sie etwas schwächer ab, erfüllte jedoch die Laborstandards.

Abbildung 2. Symbolbild BzG. Biomedizinischer Analytiker während der Laborarbeit (2024)

Warum «Diagnostik der Zukunft»?

Die Ergebnisse der Diplomarbeit, die Teil einer grösseren Studie am Universitätsspital in Basel sind, deuten darauf hin, dass Technologien wie die Nanopore-Sequenzierung die Grundlage für eine neue Ära der Diagnostik bilden könnten. Theoretisch könnte in Zukunft ein Tropfen Blut genügen, um virale Infektionen in Echtzeit zu diagnostizieren und Resistenzen gegen Medikamente direkt zu erkennen. Voraussetzung hierfür sind leistungsstarke Datenbanken und Softwarelösungen, die die enorme Menge an Sequenzdaten in Sekundenschnelle analysieren können.

Die Kombination aus Geschwindigkeit, Präzision und der Fähigkeit, kleinste Mutationen zu erkennen, macht die Nanopore-Technologie zu einem vielversprechenden Werkzeug für die personalisierte Medizin.

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